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Erhöht das Familienbett das Risiko für SIDS?
Für SIDS, den plötzlichen Kindstod, konnten bisher leider
keine konkreten Ursachen gefunden werden. Er tritt unerwartet ein,
ohne dass sich eine eindeutige Todesursache nachweisen lässt.
Durch intensive Forschung und diverse Studien konnten immerhin
einige Risikofaktoren ermittelt werden. So kann mittlerweile durch
Einhaltung gewisser Sicherheitsmaßnahmen das Risiko für
SIDS gesenkt werden.
Eine der offiziellen Empfehlungen lautet, Babies nicht allein
schlafen zu lassen. Allerdings raten viele
Schlafforscher davon ab,
das Kind mit ins Elternbett zu nehmen und legen nahe, es zwar ins
Schlafzimmer der Eltern, jedoch in ein eigenes Bett zu legen. Als
Begründungen werden Überhitzung genannt, die Gefahr,
dass die Eltern ihr Kind erdrücken, oder das Baby eingeklemmt
und der Kopf überdeckt wird.
Im Jahr 1999 wurde in den USA von der
U.S. Verbraucherproduktsicherheitskommision (CPSC) eine Studie
durchgeführt, in der die Gefahren für Kinder unter zwei
Jahren im Bett der Eltern untersucht werden sollten. Es wurden 515
Todesfälle von Kindern im Elternbett in einem Zeitraum von
sieben Jahren ermittelt. Ursachen waren in der Tat das
Überliegen durch Eltern oder Geschwister, oder das Einklemmen
zwischen Matratzen und Bettkanten. Nachdem die Ergebnisse dieser
Studie vorlagen, wurde die Empfehlung veröffentlicht, Kinder
unter zwei Jahren nicht mit ins Elternbett zu nehmen. Viele Eltern,
die gerne das Familienbett praktizieren, sind durch diese Studie
und die damit verbundenen Warnungen verunsichert. Inwieweit ist es
gefährlich, Babies mit ins Elternbett zu nehmen, und ist
für das Kind auf jeden Fall ein eigenes Bett vorzuziehen?
Bei näherem Hinsehen ist diese Studie jedoch nicht
unumstritten, weil bei der Auswertung einige Faktoren nicht
genügend berücksichtigt wurden. Beispielsweise wurden
die näheren Umstände der Todesfälle nicht genauer
betrachtet. So wurde nicht nachgeprüft, ob die
Eltern, die mit ihren Kindern zusammen schliefen, rauchten,
betrunken waren oder Drogen eingenommen hatten. Auch wurde nicht
darauf eingegangen, dass unter allen Todesfällen durch SIDS
erheblich mehr Babies allein im Kinderbett verstorben waren als im
Familienbett. Mittlerweile wird diese Studie daher in Frage
gestellt.
Der Kinderarzt
William Sears,
Penelope Leach, ebenfalls Kinderärztin und Autorin, James
McKenna, Professor für Anthropologie an der Universität
von Notre Dame, Mitglied des Medizinischen Beirates der La Leche
Liga International und andere Experten haben daher die
Unvollständigkeit der Studie kritisiert. Sie weisen darauf
hin, dass es selbstverständlich Gefahrenquellen im
Familienbett gibt, die vermieden werden sollten. Jedoch muss dies
nicht bedeuten, dass das Familienbett generell abzulehnen ist.
Die La Leche Liga wies in einer
Presseerklärung
auf die Vorteile des gemeinsamen Schlafens mit dem Baby hin.
Dadurch, dass sich die Schlafrhythmen von Mutter und Kind
angleichen, kann die Mutter Warnsignale leichter bemerken und
darauf reagieren. Deshalb scheint es auch eher unwahrscheinlich zu
sein, dass eine Mutter sich im Schlaf auf ihr Kind rollen
könnte. Der Körperkontakt schützt das Kind davor,
in einen Tiefschlaf zu verfallen, aus dem es möglicherweise
nicht mehr erwacht und wirkt sich im allgemeinen positiv auf die
Entwicklung aus. Die Bewegung der Mutter hindert das Kind daran,
mit der Atmung auszusetzen.
Untersuchungen von Peter Fleming und Peter Blair haben ergeben,
dass der Hautkontakt zu der Mutter möglicherweise regulierend
auf die Körpertemperatur des Kindes wirken könnte. Das
Stillen nach Bedarf scheint ebenfalls ein wichtiger Faktor bei der
Vorbeugung von SIDS zu sein. Auch William Sears und Penelope Leach
empfehlen weiterhin das Familienbett. Sie weisen darauf hin, dass
mehr Kinder allein in ihren Betten gestorben sind als im Bett
der Eltern, dass im Familienbett aber selbstverständlich
Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden sollten.
Die Eltern sollten weder rauchen noch mit ihrem Baby in einem Bett
schlafen, wenn sie zuvor Alkohol oder Drogen konsumiert haben.
Es muss darauf geachtet werden, dass das Kind nicht überhitzt
wird. Das Kind sollte nicht zu warm angezogen werden, die
Zimmertemperatur sollte nicht zu hoch sein, und die Decke sollte
nicht zu warm und schwer sein. Eine eigene Decke oder ein
Schlafsack für das Kind bieten sich an. Wir haben gute
Erfahrungen mit beidem gemacht.
Es sollte genügend Platz für jedes Familienmitglied sein.
Das Bettzeug sollte zur Matratze passen, und es sollte
gewährleistet sein, dass das Kind nicht überdeckt oder
in Ritzen eingeklemmt werden kann. Die Matratze sollte genau in
das Bett passen, und es sollten keine Ritzen zwischen Bett und
Wand vorhanden sein. Wir haben beispielsweise anfangs, als Iris
in der Mitte schlief, die Besucherritze ausgestopft. Später
haben wir sie an den Rand gelegt. Matratzen oder dicke Kissen
vor dem Bett sichern gegen das Herausrollen des Kindes ab.
Das Baby sollte nicht auf dem Bauch schlafen, und es sollten keine
losen Kissen oder Decken über den Kopf geraten können.
Auch die Warnung davor, das Baby mit in ein Wasserbett zu nehmen,
taucht öfter auf.
Wer sich sorgt, auf sein Baby zu rollen, kann ein Stillkissen
zwischen das Kind und sich legen. Eine andere gute Alternative
stellt der sogenannte "Babybalkon" dar. Man schiebt das
Kinderbett direkt ans Elternbett heran, stellt die Matratzen auf
gleiche Höhe und nimmt an der dem Elternbett zugewandten
Seite das Gitter heraus. So hat das Kind eine eigene Liegefläche
zur Verfügung und befindet sich ebenso in der Nähe der
Mutter. Wer möchte, kann für die Sicherheit noch ein
Stillkissen dazwischen legen.
Ausreichend abgesichert dürfte ein Familienbett so
wahrscheinlich kaum oder gar nicht unsicherer als ein Kinderbett
sein. Ebenso könnte es im eigenen Bett passieren, dass ein
Kind unter seine Decke rutscht. Ein gewisses Restrisiko besteht
leider immer, egal, wie viele Sicherheitsmaßnahmen
eingehalten werden. Jede Familie wird dabei den für sie
individuell besten Weg finden.
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