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Gemeinsames Schlafen - gemeinsamer Schlafrhythmus
Dass Kinder bei ihrer Mutter schlafen, ist bei Naturvölkern
völlig normal. Auch in unserer Kultur schliefen Kinder
früher nicht alleine, bis man im Laufe des zwanzigsten
Jahrhunderts damit begann, Babys von ihren Müttern zu
trennen.
Das Neugeborene wurde direkt nach der Geburt fein
säuberlich verpackt und im Säuglingszimmer verstaut,
damit sich die Mutter ja erholen konnte und nicht durch ein
schreiendes Baby davon abgehalten wurde. Noch meine
Schwiegermutter musste sich im Krankenhaus auf die Frage nach
ihrem neugeborenen Sohn anhören: "Ja, den bekommen sie
erst morgen wieder!"
Auch zu Hause lagen die Kinder fortan in ihren eigenen Betten.
Wer gestand, sein Baby bei sich schlafen zu lassen, erntete
nicht selten befremdete Blicke. "Du machst das Kind
abhängig!" - "Du bekommst das Kind nie aus
deinem Bett!" - "Das Baby soll durch das Schlafen im
eigenen Bett selbständig werden!" und
"Verwöhn das Kind nicht zu sehr, es muss lernen,
alleine durchzuschlafen!" lauteten die Argumente gegen das
Familienbett.
Manche erschöpfte Mutter nahm ihr Kind dennoch als letzten
Ausweg zu sich ins Bett, da es sich nachts anders nicht
beruhigen ließ, allerdings mit schlechtem Gewissen. Das Kind
bei sich schlafen zu lassen hieße ja womöglich, dass
die Mutter bloß zu faul ist, nachts aufzustehen.
Sein Kind bei sich schlafen zu lassen bedeutet allerdings viel
mehr, als reine Bequemlichkeit der Mutter. Mittlerweile hat man
festgestellt, dass beim gemeinsamen Schlafen die Schlafzyklen
von Mutter und Kind auf erstaunliche Weise miteinander
harmonieren.
Wenn sich das Baby in einer Phase des leichten Schlafs befindet,
schläft wahrscheinlich auch die Mutter nicht sehr tief. So
wird die Mutter, wenn ihr Kind erwacht, nicht brutal aus einer
Tiefschlafphase gerissen, sondern ist ebenfalls sofort wach.
Mitunter kommt es sogar vor, dass die Mutter das Erwachen ihres
Babys praktisch erahnt und wenige Augenblicke vorher wach wird.
Diese Erfahrungen kann ich selbst bestätigen. Ich habe
nie erlebt, dass Iris neben mir laut schreien musste, bevor ich
etwas bemerkte. Oft genug wachte ich auf, kurz bevor Iris sich
langsam zu melden begann. Dann konnte ich sie sofort stillen.
Für das Baby ist es ebenfalls viel entspannender, wenn auf
seine ersten Zeichen sofort reagiert werden kann. Es muss sich
nicht erst in Rage schreien. Selbst noch fast im Halbschlaf kann
es gemütlich an der Brust trinken und schläft nach der
Fütterung viel schneller wieder ein. Auch wenn es aus
anderen Gründen nachts aufwacht, kann es getröstet
werden, bevor es hellwach ist. Oft genügt es, das Baby ein
wenig zu streicheln.
Das gemeinsame Schlafen kann Babys helfen, allmählich einen
Tag-Nacht-Rhythmus zu finden. Das Kind kann seine Schlafzyklen
auf seine Eltern einstellen und so lernen, seltener zu
erwachen.
Durch das gemeinsame Schlafen erhalten die Kinder auch nachts
viel Körperkontakt, der erwiesenermaßen für ihre
Entwicklung wichtig ist. Man vermutet, dass sich die
zusätzliche Berührung positiv auf das Wachstum
auswirken könnte.
Die Bedeutung des nächtlichen Stillens
Auch das Stillen scheint zu bewirken, dass sich die
Schlafrhythmen von Mutter und Kind angleichen. Gestillte Kinder
befinden sich offensichtlich in einer REM-Phase, wenn sie
während des Schlafs saugen. Auch die stillenden Mütter
fallen, wenn sie während des Stillens schlafen, in einen
REM-Schlaf.
Es ist sinnvoll, das Baby nachts mehrmals zu stillen, auch
wenn einige Schlafexperten darin einen krankhaften Zwang zum
Essen und Trinken erkennen wollen. Es wurde berichtet, dass
Mütter nachts einen höheren Spiegel des
Milchbildungshormons Prolaktin aufweisen und folglich nachts
kalorienreichere Milch produzieren. So kann das nächtliche
Stillen zum besseren Wachstum eines Babys beitragen. Man
vermutet, dass die Muttermilch auch die Entwicklung des Gehirns
verbessern könnte.
Durch häufigeres nächtliches Stillen lassen sich
Milchstaus und Brustinfektionen vorbeugen. Wenn Iris einmal
länger als gewohnt am Stück schlief, wurde ich dennoch
wach, weil meine Milch mich ausgesprochen unangenehm
drückte. So konnte ich keineswegs uneingeschränkt
genießen, wenn meine Tochter einmal durchschlief und
sehnte die nächste Mahlzeit förmlich herbei.
Stillen kann sowohl Müttern als auch Kindern zum Schlaf
verhelfen. Man vermutet, dass Muttermilch schlaffördernde
Substanzen enthält. Auch Mütter scheint das Stillen zu
beruhigen. Möglicherweise übt das Milchbildungshormon
Prolaktin eine beruhigende Wirkung auf die Mutter aus.
Schläft das Baby im Familienbett, kann sich die Mutter
abends gemütlich mit ihm hinlegen und es in den Schlaf
stillen.
Die Zusammensetzung der Milch kann einen Hinweis darauf geben,
ob ein Kind dauernden Kontakt zur Mutter haben sollte oder
nicht. Bei Tierarten, die ihre Jungen länger alleine
lassen, weist die Muttermilch einen hohen Gehalt an Fett und
Proteinen auf. Die Jungen sind eine längere Zeit über
satt. Bei Tieren, die ihre Jungen oft am Körper
tragen, enthält die Milch wenig Fett und Proteine,
dafür mehr Kohlenydrate. Dieser Nachwuchs muss
nahezu ununterbrochen gefüttert werden.
Auch unsere Muttermilch ist arm an Fett und Proteinen und
folglich schnell verdaut. Anscheinend sollen auch unsere Kinder
dauernden Kontakt zu ihren Eltern halten und oft gestillt
werden. Daher ist es nur natürlich, wenn ein Kind anfangs
bei seiner Mutter schläft und die Nächte nicht
alleine verbringt.
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